Die Forensische Gerontologie ist ein spezieller Fachbereich der Gerichtsmedizin, in dem strafbare Vorgehensweisen an älteren lebenden und toten Menschen identifiziert bzw. ausgeschlossen, analysiert und gegebenenfalls rekonstruiert werden.
Dabei werden einerseits Untersuchungen an überlebenden Gewaltopfern durchgeführt, erlittene Verletzungen sowie Beschwerden gerichtsverwertbar dokumentiert und interpretiert. Gutachterliche Bewertungen von Verletzungen und deren Folgen werden insbesondere im Zusammenhang mit körperlichen Misshandlungen und sexuellem Missbrauch vorgenommen.
Ebenso werden Expertisen im Rahmen von Vernachlässigungen und groben Mängeln in häuslicher und institutioneller Pflege erstellt. Andererseits sind die Durchführung von Obduktionen und die Klärung der Todesursachen von Betagten und Hochbetagten wichtige Aufgaben. Die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Krankheit und Tod werden unter ätiologischen, präventiven und versorgungsrechtlichen Perspektiven erforscht.
Wissenschaftliche Projekte
Aktionsprogramm: Verantwortungsvoller Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen in Einrichtungen der Altenpflege. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen; Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit; Rheinland-Pfälzisches Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen; Baden-Württembergsches Ministerium für Arbeit und Soziales; Ministerium für Justiz in Rheinland-Pfalz und Bayern; Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK); Generation Research Program, Ludwig-Maximilians-Universität München; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
WEAAD-Project: (World Elder Abuse Awareness Day) Study investigating the frequency and types of liberty-depriving methods used against elderly individuals in need of residential care. Generation Research Program, Ludwig-Maximilians-Universität München; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Freiheitsbeschränkungen in der institutionellen Altenpflege: Ein Vergleich von Einrichtungen im städtischen Bereich und Einrichtungen im ländlichen Bereich, unter Rücksichtnahme auf die Heimgröße. Zentrum für Gerichtsmedizin Wien; Bewohnervertretung.
Gewalt gegen Ältere: Befragung unter niedergelassenen Ärzt:innen in Wien und Burgenland. Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Gewaltprävention in Pflegeeinrichtungen: MDK Bayern; Institut für Qualität in der Pflege, Berlin; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Generationskompetenz und Achtsamkeit in der Altenpflege: Peter-Schilffarth-Institut für Soziotechnologie gemeinnützige GmbH (PSI); Generation Research Program, Ludwig-Maximilians-Universität München; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Cool-down in der Altenpflege: Universität Witten/Herdecke; Generation Research Program, Ludwig-Maximilians-Universität München; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
SAFER CARE – Gewalt gegen Ältere erkennen und vermeiden: FA Fulda; Polizeihochschule Münster; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
SeGEL: Sexuelle/Sexualisierte Gewalt in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege in Deutschland. Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP), Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol), Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
„Häusliche Gewalt“ bezeichnet Gewalttaten zwischen Menschen, die in einem Haushalt zusammenleben. Unter den Oberbegriff der häuslichen Gewalt fallen deshalb nicht nur Gewalt in Paarbeziehungen (vor, während und nach einer Trennung), sondern gleichfalls Gewalt gegen Kinder, Gewalt von Kindern gegenüber ihren Eltern, Gewalt zwischen Geschwistern und Gewalt gegen im Haushalt lebende ältere Menschen. Andere, oft synonym verwendete Begriffe sind Gewalt gegen Frauen, Gewalt in der Familie sowie innerfamiliäre Gewalt.
Häusliche Gewalt tritt in allen Altersgruppen und Gesellschaftsschichten auf. Sie kann verschiedenste Ausprägungen und Auswirkungen haben. Häufig sind Ärzt:innen sowie Pflegekräfte die ersten Ansprechpersonen für Gewaltopfer. Daher ist das Erkennen von erlittener Gewalt nicht nur ausschlaggebend für die konkrete Hilfe in der Notsituation, sondern auch für die Aufklärung der Gewalttat.
Das medizinische und pflegerische Fachpersonal kann die Lebensbedingungen der Betroffenen nicht ändern bzw. deren Gewaltsituation beenden. Allerdings können die betroffenen Personen weiter an Hilfs- oder Schutzeinrichtungen und gegebenenfalls an die Polizei verwiesen werden.
Wissenschaftliche Projekte
Implementierung einer Online-Toolbox für den Opferschutz. BMASGK.
EU-Projekt RiVi. Ludwig Boltzmann Institut Menschenrechte Wien; Department of Medical and Surgical Specialties, Radiological Sciences and Public Health – Università degli Studi di Brescia; Institut für Rechtsmedizin Hannover; Institut für Rechtsmedizin Heidelberg; Faculty of Law – Palacký University Olomouc; Department of Forensic Medicine – Charles University, Hradec Králové; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
EU-Projekt JUSTeU! Juridical standards for clinical forensic examinations of victims of violence in Europe. Ludwig Boltzmann Institut Klinisch-Forensische Bildgebung; Department of Medical and Surgical Specialties, Radiological Sciences and Public Health – Università degli Studi di Brescia; Institut für Rechtsmedizin Hannover; Institut für Rechtsmedizin Heidelberg; Faculty of Law – Palacký University Olomouc; Department of Forensic Medicine – Charles University, Hradec Králové; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Task force – Strafrecht, Opferschutz und Täterarbeit. Arbeitsgruppe Gesundheit/Forensik. BMI, BKA, LBI CFI, BMASGK, Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Umsetzung des NAP Frauengesundheit und Versorgung von Frauen als Gewaltopfer im Krankenhaus. GÖG; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
MARAC – Maßnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Opfer familiärer Gewalt (High Risk Victims bzw. High Risk Perpetrators). Wiener Interventionsstelle gg Gewalt in der Familie; Bundespolizeidirektion Wien; Justizministerium Wien; Jugendwohlfahrt/Jugendämter; Einrichtungen für Kinderschutz, Frauen, Migrant:innen, Täterarbeit; Institutionen im Sozial- und Gesundheitsbereich und in der Suchthilfe; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Verbesserung der Beweissicherung und des schonenden Umgangs mit Opfern vor Gericht. Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie; Zentrum für Gerichtsmedizin Wien.
Gender-Stat. Interdisziplinäre und interinstitutionelle Arbeitsgruppe zur Verbesserung der statistischen Daten zu Gewalt gegen Frauen und Kinder.
Das Projekt „MEDPOL“ wurde vom Bundeskriminalamt in Kooperation mit der Österreichischen Ärztekammer und Expert:innen aus verschiedenen Gesundheitsbereichen sowie der Polizei durchgeführt. Ziel war, die Verwaltungsabläufe an den Schnittstellen zwischen medizinischer Aufgabenerfüllung und polizeilicher Tätigkeit zu standardisieren und dadurch eine Qualitätssteigerung und -sicherung zu erreichen.
Die im Projekt gemeinsam von der ÖGGM (Österreichischen Gesellschaft für Gerichtsmedizin), der ÖÄK (Österreichische Ärztekammer) und dem BM.I ausgearbeitete Checkliste (Dokumentationsbogen) soll die Beschreibung von Gewaltverletzungen vereinfachen und standardisieren.
Die akute medizinische Versorgung und Betreuung von Gewaltbetroffenen steht immer im Vordergrund. Eine detaillierte und nachvollziehbare schriftliche Dokumentation der erlittenen Verletzungen sowie die richtige Spurensicherung sind spätestens dann unterstützend, wenn diese für folgende Gerichtsverfahren herangezogen werden können. Aus diesem Grund ist im Rahmen des Projektes MedPol (Medizin – Polizei) ein standardisierter, gerichtstauglicher Dokumentationsbogen von Expert:innen der Gerichtsmedizin, der ÖÄK, des Opferschutzes und des BM.I erstellt worden. Diese Checkliste erleichtert die Beweisführung (auch in späteren Verfahren) und soll daher österreichweit von den Ärzt:innen, den Pflegekräften und auch teilweise von nicht-medizinischen Berufsgruppen, wie den Mitarbeiter:innen von Opferschutzeinrichtungen und der Polizei genutzt werden.
Gemeinsam mit dem Leitfaden „Gesundheitliche Versorgung gewaltbetroffener Frauen“ wird damit profunde Unterstützung sowie umfangreiche Information zur Befunderhebung, Dokumentation und Gesprächsführung mit Gewaltopfern gegeben.
GewaltFREI leben! – Ob in der Arbeitsstelle, im öffentlichen Raum, innerhalb einer Partnerschaft oder im eigenen zu Hause ist Gewalt an Frauen noch immer ein alltägliches Problem. Bei häuslicher Gewalt sind Kinder immer mitbetroffen, entweder direkt, indem sie selbst Misshandlungen ausgesetzt sind, oder indirekt, weil sie die Gewalt, die ihre Mutter erleiden muss, hautnah miterleben. In dem Projekt wird für das Thema Gewalt an Frauen und Kindern sensibilisiert und wertvolle Präventionsarbeit geleistet. Zusätzlich sollen Handlungsspielräume aufgezeigt und die Frauenhelpline gegen Gewalt (0800 222 555 – anonym, kostenlos, rund um die Uhr) noch bekannter gemacht werden. Die Kampagne wird vom Zentrum für Gerichtsmedizin Wien unterstützt.