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Totenbeschau

In Österreich müssen alle verstorbenen Personen einer Totenbeschau, d.h. einer äußerlichen Untersuchung durch dazu autorisierte Ärzt:innen, unterzogen werden.

Nach dem Leichen- und Bestattungsgesetz bzw. Hebammengesetz bedürfen auch Neugeborene (Lebendgeburten), Fehlgeburten, Totgeburten und Leichenteile einer Totenbeschau.

  • Lebendgeburt: Leibesfrucht, bei der bereits das Herz geschlagen bzw. die Nabelschnur pulsiert bzw. die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat bzw. deutliche Bewegungen willkürlicher Muskeln erkennbar waren.
  • Totgeburt: Keines der obengenannten Lebenszeichen war vorhanden, das Geburtsgewicht betrug jedoch mindestens 500 Gramm.
  • Fehlgeburt: Keines der oben genannten Lebenszeichen war vorhanden und das Geburtsgewicht betrug weniger als 500 Gramm.

Die Totenbeschau dient der Feststellung des eingetretenen Todes sowie der Art und Ursache des Todes. Außerdem muss mittels der Totenbeschau festgestellt werden, ob bei ungeklärter Todesart oder Todesursache Umstände vorliegen, welche die Einleitung eines Obduktionsverfahrens notwendig machen.

Ein Todesfall in einer Allgemeinen öffentlichen Krankenanstalt (Definition nach dem jeweiligen Landesrecht) muss gemäß dem jeweiligen Landesrecht (in Wien: § 4 Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz) von dem:der zuständigen und dazu autorisierten Fachärzt:in für Pathologie beschaut werden. Diesem:dieser Fachärzt:in für Pathologie muss die komplette Krankengeschichte der:des Verstorbenen von den behandelnden Ärzt:innen zur Verfügung gestellt werden. Ergibt sich aus der Krankengeschichte eine Todesursache, kann der:die Verstorbene nach Ausstellung der Anzeige des Todes (Totenschein) durch den:die beschauenden Fachärzt:in für Pathologie zur Bestattung freigegeben werden.

Ergibt sich aus der Krankengeschichte oder durch die behandelnden Ärzt:innen eine klinisch relevante Fragestellung, ist der:die Fachärzt:in für Pathologie dazu autorisiert, eine klinische Obduktion durchzuführen.

Kann eine Todesursache trotz allfällig vorhandener Krankengeschichte nicht abgeleitet werden, ist der:die Fachärzt:in für Pathologie gemäß § 25 Bundeskrankenanstaltengesetz dazu autorisiert, auch gegen den Willen der Angehörigen bzw. Rechtsnachfolger:innen eine klinische Obduktion durchzuführen. Von dem:der Fachärzt:in für Pathologie ist ein Obduktionsprotokoll anzufertigen und diese:r kann die Leiche nach Ausstellung der Anzeige des Todes (Totenschein) zur Beerdigung freigegeben.

Ergibt sich bei der Durchsicht der Krankengeschichte oder bei der klinischen Obduktion der Verdacht auf ein Fremdverschulden am Ableben der zu beschauenden Person (z.B.: Zustand nach Verkehrsunfall und mehrmonatigem Krankenhausaufenthalt oder fehlerhafte medizinische Versorgung), ist der:die beschauende Fachärzt:in für Pathologie gemäß § 54 Ärztegesetz verpflichtet, eine allfällig begonnene Obduktion sofort abzubrechen und umgehend Anzeige bei der Polizei zu erstatten (z.B. im AKH Wien unter Zuhilfenahme des „Antrags auf gerichtliche Leichenbeschau“).

Außerhalb einer Allgemeinen öffentlichen Krankenanstalt z.B. in einem Privatspital, in einem Pflegeheim, in einer Wohnung oder im öffentlichen Raum (Straße, öffentliche Verkehrsmittel oder Ähnliches) ist die Totenbeschau durch eine:n von der zuständigen Gesundheitsbehörde (in Wien: MA 15) gestellten Totenbeschauärzt:in durchzuführen.

Dem:der Totenbeschauärzt:in ist zur Feststellung der Todesursache von den Angehörigen ein Behandlungsschein oder ein Arztbrief einer Krankenanstalt vorzulegen. Sind den ärztlichen Dokumenten Krankheiten zu entnehmen, die den jederzeitigen Eintritt des Todes aus natürlicher Ursache erklären können, gibt der:die Totenbeschauärzt:in die Leiche nach Ausstellung einer Anzeige des Todes (Totenschein) und eines Leichenbegleitscheins zur Beerdigung frei.

Liegen keine ärztlichen Dokumente vor oder lassen sich den allfälligen ärztlichen Dokumenten keine Krankheiten entnehmen, die den jederzeitigen Eintritt des Todes aus natürlicher Ursache erklären, hat der:die Totenbeschauärzt:in, z.B. nach dem Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz, eine Leichenöffnung bei den zuständigen Stellen anzuregen.

Haben Angehörige des:der Verstorbenen den Verdacht, dass der Todesfall auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen ist, kann eine Anzeige bei der Polizei erstattet werden, wobei die Staatsanwaltschaft fast immer die Leiche und die Krankengeschichte beschlagnahmt und ein:e Sachverständige:r für Gerichtsmedizin mit der Durchführung einer Leichenöffnung gemäß § 128 Strafprozessordnung (gerichtliche Obduktion) und der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wird.

Haben behandelnde Ärzt:innen den Verdacht, dass der Todesfall auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen ist, müssen sie gemäß § 54 Ärztegesetz (z.B. im AKH Wien unter Zuhilfenahme des „Antrags auf gerichtliche Leichenbeschau“) Anzeige bei der Polizei erstatten.

Bei Verdacht auf Fremdverschulden, Suizid, Tod im Zusammenhang mit Suchtgiftmissbrauch, bei Personen, die an einem öffentlichen Ort oder in polizeilichem bzw. gerichtlichem Gewahrsam verstorben sind sowie bei Leichen von Säuglingen und Kleinkindern und beim Fund von Leichenteilen und Knochen muss eine polizeiliche Kommissionierung der Leiche durch eine:n Polizeijurist:in, einer:einem Amtsärzt:in und einer:einen zivilen Exekutivbeamt:in stattfinden. Je nachdem ob Verdacht auf Fremdverschulden besteht, ist nach einer polizeilichen Kommissionierung eine sanitätsbehördliche oder gerichtliche Obduktion zur Klärung der Todesursache und der Umstände, unter welchen der Tod eingetreten ist, anzuregen. Die Leiche kann durch die polizeiliche Kommission nicht freigegeben werden. Die Freigabe erfolgt durch der:den, von der zuständigen Behörde (in Wien: MA 15, Gesundheitsamt) bestellten, Totenbeschauärzt:in oder von der:vom Sachverständigen für Gerichtsmedizin.

Zusammengefasster Inhalt der Totenbeschau

  • Feststellung des sicher eingetretenen Todes
  • Bestimmung von Todesursache und Todesart → Einholung von ärztlichen Dokumenten (Ärztlicher Behandlungsschein, Arztbrief, Krankengeschichte)
  • Ausstellung der erforderlichen Dokumente
    • Anzeige des Todes/Todesbescheinigung → Freigabe zur Bestattung
    • Leichenbegleitschein → bei jedem Transport einer Leiche erforderlich
  • Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde → unklare Todesursache
  • Meldung an die Bundespolizeibehörde → Verdacht auf Fremdverschulden

Des Weiteren ist der:die Totenbeschauärzt:in zur Meldung von anzeigepflichtigen Krankheiten (Epidemie-, Tuberkulose- oder AIDS-Gesetz) und Todesfällen im Zusammenhang mit Suchtmittelmissbrauch verpflichtet.